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Der grosse Windows-Kompromiss

Von Matthias Schüssler. 1 Kommentar[47]

Seit Freitag ist Windows 8.1 erhältlich. Das Gratis-Update macht vieles richtig.

Frischer Wind: Dank der neuen Chefin Julie Larson-Green ist Windows 8.1 nicht mehr ganz so sperrig wie der Vorgänger.
Bild: Jeff Chiu/Keystone

Flexibler: Der Startbildschirm wirk weniger als Fremdkörper. (Bild: Screen: TA)

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Der ehemalige Windows-Chef Steven Sinofsky gilt als kompromissloser Mann. Seine Zukunftsvision für Microsofts[63] (MSFT[64] 34.96 0.11%) Betriebssystem hat er ohne Abstriche in die Tat umgesetzt. Unter dem Motto «Touch first» wurde der Gestensteuerung Priorität eingeräumt. Das Startmenü hatte zu weichen und wurde durch einen Startbildschirm ersetzt, der sich nach den Bedürfnissen der Tablet-Nutzer richtet. Anders als bei früheren Updates des Betriebssystems gibt es bei Windows[65] 8 keine Option, die vertraute Funktionsweise zu reaktivieren.

Microsoft-Experte Paul Thurrott äusserte damals die Vermutung, Sinofsky wolle die User so nachdrücklich auf die Kacheloberfläche und die Vollbild-Apps stossen. Weil der klassische PC rasant an Bedeutung verliert und auch Microsofts Zukunft in der mobilen Welt liegt, war die Vehemenz nachvollziehbar.

Kurz nach der Veröffentlichung von Windows 8 musste Steven Sinofsky seinen Sessel räumen. Seine Nachfolgerin ist Julie Larson-Green. Sie hat als Chefin mit dem optischen Erscheinungsbild von Office bewiesen, dass sie auch gewichtige Änderungen benutzerverträglich umsetzen kann. Sie hat in Office 2007 die Menüs abgeschafft und durch das Menüband ersetzt. Der «Ribbon» war alles andere als unumstritten, doch er wird heute weitherum als sinnvolle Verbesserung akzeptiert.

Mission Rettung von Windows 8

Julie Larson-Green hat im Gegensatz zu ihrem Vorgänger einen Ruf als Pragmatikerin. Und die Aufgabe, wie manche Medien es dramatisch formulieren, Windows 8 zu retten. Sie nehme die Kritik der Kunden ernst, erklärte sie an der Entwicklerkonferenz Build im Juni. Sie bringt jetzt den Startknopf zurück und gestattet es den Nutzern, beim Aufstarten ohne Zwischenhalt bei der Kacheloberfläche direkt zum Desktop zu gelangen. «Wir glauben, dass wir die richtige Richtung eingeschlagen haben», zitiert das Techblog The Verge Larson-Green. «Aber wir werden nicht stur sein.»

Windows 8.1 enthält nun wieder einen Startknopf, aber das Startmenü bringt auch Larson-Green nicht zurück. Ein Klick auf diesen Knopf führt zur Kacheloberfläche. Diese lässt sich flexibler konfigurieren. Dazu tippt man eine Kachel an und hält sie gedrückt oder klickt sie bei gedrückter «Ctrl»-Taste an. Bei «Grösse ändern» gibt es neuerdings vier Optionen: Mit «Gross» belegt die Kachel den vierfachen Platz.

Prädestiniert für diese Grösse sind der Kalender oder die Wetter-App. Sie zeigen in dieser Ansicht schon so viele Informationen, dass man sie meist gar nicht mehr öffnen muss. Mit der Option «Klein» packt man vier Apps auf die Fläche einer normalen Kachel. Auch die Einordnung der Apps in Gruppen und die Benennung dieser Gruppen wird mit Windows 8.1 einfacher. Die Übersicht mit allen Apps erscheint auf Touch-Geräten, wenn der Startbildschirm nach oben gewischt wird. Bei Geräten ohne Touchscreen gibt es neu eine spezielle Schaltfläche für diesen Zweck.

Windows 8.1 erlaubt es, für den Startbildschirm und den Desktop das gleiche Hintergrundbild zu verwenden. Bei der Vorgängerversion stehen für die Kacheln nur wenige Bilder mit Ornamentmuster als Hintergrund zur Verfügung. Das scheint eine unscheinbare Neuerung zu sein. Doch mit ein und demselben Bild wirkt die Kachelumgebung gleich viel weniger als Fremdkörper.

Die Suchfunktion in Windows 8.1 integriert Suchresultate von Bing.com, was sich durch Ändern der Option «Überall» auch vermeiden lässt. Den erwähnten direkten Start zum Desktop richtet man wie folgt ein: Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf eine freie Stelle der Taskleiste und wählen Sie «Eigenschaften» aus dem Kontextmenü. Öffnen Sie den Reiter «Navigation» und setzen Sie bei der Option «Beim Anmelden anstelle der Startseite den Desktop anzeigen» ein Häkchen.

XP-Nutzer müssen umlernen

Ein grosser Kompromiss, lautet das Fazit des Journalisten des US-Magazins «PC World» zur Neuauflage von Windows 8. Die beiden Umgebungen für die Vollbild-Apps und die klassischen Desktop-Anwendungen hätten ein «Dr. Jekyll und Mr Hyde»-Gefühl hinterlassen – das sich nun mit dem Update aber besser verkraften lasse. Doch trotz der Detailverbesserungen ist Windows noch weit davon entfernt, perfekt zu sein.

Der Umstieg von früheren Betriebssystemen ist und bleibt kein Zuckerschlecken – was in knapp einem halben Jahr all die treuen Seelen werden feststellen müssen, die nach wie vor mit Windows XP arbeiten. Im April 2014 wird Microsoft die Wartung dieses Systems endgültig einstellen. Dann werden die Heerscharen der verbliebenen XP-Nutzer keine andere Wahl haben, als den grossen Sprung zu wagen. Das gerät trotz des neuen Startknopfs zur Herausforderung – denn Dinge wie die Charms-Leiste muss man kennen oder per Zufall entdecken, damit an ein effizientes Arbeiten mit Windows überhaupt zu denken ist. (Tages-Anzeiger)

Erstellt: 20.10.2013, 16:23 Uhr

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